Das Schnalstal

Es gibt einen Ort, an dem die Schafe auf Wanderschaft gehen, das ewige Eis berühmte Männer ausspuckt und die Natur sagenhaft schön ist …

Wer zwischen den Palmen von Naturns und den 126 Dreitausendern sein Glück nicht findet, dem ist nicht mehr zu helfen. Das Schnalstal ist ein Ort für alle, die es ursprünglich und echt mögen. Wie wir

Schnols über olls! So sagt man hier. Wer's erfunden hat, weiß keiner mehr. Aber es stimmt: Sowas wie unser Tal, das muss man hüten wie einen Schatz.

So mancher Schreiberling hat sich die Zähne ausgebissen, am Versuch, die Schnalstaler Seele zu fassen zu kriegen und auf Papier zu bannen. Weil ich eben auch nur ein alter Bergbauernhof bin und kein Studierter, kann ich nur versuchen, mit meinen eigenen, bescheidenen Fähigkeiten meine Heimat zu beschreiben: Nicht weit weg von der mondänen Kurstadt Meran zweigt es ab, das Schnalstal. Hochoffiziell beginnt es bei Naturns, wo die Weinberge und die Palmen und Reinhold Messners Märchenschloss stehen und der Wind irgendwie immer nach Süden schmeckt. Von hier aus geht es stetig bergauf. Gletscherwärts. Es wird immer wilder. Alpiner. Ursprünglicher. Und dann seid ihr da: im Herzen des Schnalstales. Bei mir. Von hier aus ist es nicht mehr weit zum Gletscher und zu den Skipisten und viele der Wanderwege beginnen direkt vor meiner Hoftüre. Das Schnalstal wäre nicht das Schnalstal, würden sich nicht seltsame Riten vollziehen und sich so mancher Schatz im ewigen Eis verstecken. 

In Gipfeln baden und mit den Schafen gegen den Strom schwimmen.

Seit Menschengedenken oder vielleicht sogar, seit ihr Menschen denken könnt, treibt ihr euch hier oben herum. Sicher aber seit 5.300 Jahren. Das haben die Wissenschaftler herausgefunden, als sie sich den Mageninhalt unserer berühmten Eisgletschermumie genau angeschaut haben. Es ist also gar nicht unwahrscheinlich, dass ihr auf Ötzis Pfaden wandert, wenn ihr im Schnalstal die Wanderschuhe schnürt. Dafür gibt es reichlich Gelegenheit: Das Schnalstal selbst ist 20 Kilometer lang. Linker- und rechterhand davon schlängeln sich über 240 Wanderwege hoch auf die Gipfel. 126 Dreitausender machen das Schnalstal zu einem wahren Berg-reich, das mit dem Naturpark Texelgruppe teils unter besonderen Schutz gestellt ist. Im Winter wird am Talschluss und oben am Gletscher gewedelt und gecarvt und zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert sind die Museen und Schlösser und Kirchen der Region. Wenn ihr ihn am eigenen Leib erfahren wollt, den ganzen Stolz der Schnalstaler, dann müsst ihr Mitte September ein Zimmer bei mir buchen. Dann findet sie nämlich statt, die legendäre Heimkehr der Schafe, die als „Transhumanz“ von der UNESCO zum Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde. 

Das Schnalstal ist ein Seitental des Südtiroler Vinschau. Der Oberrainldhof liegt gut 60 Kilometer von Bozen entfernt. Nach Meran sind es 28 Kilometer.