Sommerfrische im Schnalstal

30.08.2024

Familie Reh, eine technische Sensation und eiskalter Schnaps.

 

Sommerfrische. Was für ein schönes Wort, nicht wahr? Und eines, das fast für immer in der Schublade gelandet wäre, wäre nicht Seniorchef Helmuth kürzlich eingefallen, warum er keine Brennsuppe mag. Mit den Erinnerungen ist das so eine Sache: Taucht eine im Hirnkastl auf, ist die nächste nicht weit und dann kommt noch eine und noch eine und dann hat man den Nostalgie-Salat. Oder eben die Idee, die Tradition der Sommerfrische wieder aufleben zu lassen. Mit modernem Twist versteht sich. Wie das meine Hofleute anstellen wollen und was euch heuer bei mir hier im Schnalstal erwartet, könnt ihr hier nachlesen. Aber jetzt zurück zum Helmuth. Vielleicht ist er ja deshalb so ein Gourmet geworden, weil es damals in seiner Kinderzeit nur einen recht limitierten Speiseplan gab? Spätestens in den 1960 hat sich der kulinarische Horizont dann erweitert. Da kamen nämlich die ersten „Sommerfrischler“ und wollten standesgemäß verköstigt werden. Bevor ich euch von den ausgelassenen Tagen und den wilden Sommernächten erzähle, die mit den Gästen aus der Ferne Einzug hielten, nehme ich euch mit in die späten 1950er Jahre.  

 

Ihr Stadt-Kinderlein kommet. 

 

Frische Luft. Klares Wasser. Und eine ganz andere Welt. Die gut betuchten Geschäftsleute aus Meran wussten schon, warum sie ihre Sprösslinge zu mir auf den Berg schickten. 15 bis 20 Kinder samt Kindermädchen tummelten sich hier bei mir am Hof. Und das ganze vier Monate. So lange dauerten damals die Sommerferien. Sonntags kamen dann die Eltern und brachten Spielzeug und Schokolade. Nur allzu selten gaben die Stadtkinder den Hofkindern etwas ab. Seniorchef Helmuth kann sich noch vage daran erinnern, dass mit zweierlei Maß gemessen wurden: Während die Sommerfrischekinder spielen durften, mussten die Hofkinder die Kühe hüten und jeden Tag um 17:00 Uhr einen Rosenkranz beten. Wer beim „Gegrüßet seist du Maria“ fehlte, konnte sich auf etwas gefasst machen. 

 

Ab auf den Dachboden, Familie Reh kommt!

 

Deutlich spaßiger ging es dann Mitte der 1960er zu. Helmuth hat noch lebhaft in Erinnerung, wie er sein Zimmer räumen und auf meinen zugigen Dachboden übersiedeln musste. Denn eines war klar: Die besten Zimmer am Hof, die bekommen die Gäste. Und so schliefen die Raffeiners den ganzen Sommer über unter Dach und die Gäste machten es sich in den schönen Schlafzimmern und den guten Stuben gemütlich. Gebadet wurde einmal die Woche im Holzzuber, die Viehtränke vor dem Heustadel wurde zum Kühlen von Hochprozentigem genutzt und alle waren rundum zufrieden mit der rustikalen Bauernkost und dem einfachen Leben hier heroben. Schlafen, essen, in der Sonne liegen, ab und zu etwas wandern und vielleicht ein, zweimal einen Ausflug in die Stadt machen. Viel mehr taten sie nicht, die ersten Sommerfrischler. Ich finde, dieses Konzept ist hochmodern und würde auch euch ganz guttun. Hier findet ihr heraus, ob meine Hofleute noch ein Zimmer für euch freihaben. Aber zuerst zurück in die 1960er. 

 

Die erste Stereoanlage und steinharte Maroni

 

Wie genau Familie Reh davon erfahren hat, dass meine Hofleute besonders gut kochen und extraordinär schöne Zimmer vermieten, weiß leider niemand mehr so genau. Aber an die Tatsache, dass an einem Junitag im Jahr 1966 die sympathischen Leute aus Bielefeld hier oben ankamen und eine Stereoanlage mit im Gepäck hatten, die wird für immer im Gedächtnis aller bleiben. Wie imposant die aussah, dort auf der Ofenbank! Und wie laut sie sich aufdrehen ließ! Ihr könnt euch das Rambazamba sicher vorstellen. Wie die Wilden haben sie getanzt, meine Hofleute und die Familie Reh. Der Helmuth meint, in diesem Sommer den ersten Bikini seines Lebens gesehen zu haben, ganz sicher aber weiß er noch, wie nachhaltig prägend und erhebend es war, mit einer Gruppe erfahrener Alpinisten auf die 3.739 Meter hohe Weißkugel zu gehen. Und dann war da natürlich noch Großvater Anton, der nach getaner Arbeit in der Abendsonne saß, dem Tag beim Stillwerden zusah und den Kindern aus seinem blauen Schurz getrocknete Maroni zusteckte. Steinhart waren diese, aber besser als jede Schokolade aus der Stadt. Und so ist es eben. Den Lauf der Zeit kann kein Menschenskind aufhalten. Aber besondere Erinnerungen, die lassen sich erschaffen. Und besonders gut geht das bei mir, eurem Oberraindlhof. Das war immer schon so und wird ganz bestimmt auch so bleiben.